Erkenne dich und tue etwas
(DONAUKURIER vom 20.3.2007)

Mindestens zwei Seelen wohnen in ihrer Brust. Da ist die biedere, ängstliche Ehefrau, die sich nicht hinaus traut und mangels Ansprache mit der Wand spricht. Und da ist die lebenslustige, romantische Shirley Valentine, die eine Romanze mit sich selbst und ihrem eigenen Leben erfährt. Dazwischen changiert Eva Zwack in allen Facetten dieser Persönlichkeit.

Vollends ausverkauft war die Premiere der „Heiligen Johanna der Einbauküche“, wofür das Publikum mit einer fesselnden Darbietung mit durchgehendem Spannungsbogen belohnt wurde. Von winzig kleinen Versprechern abgesehen, bot Eva Zwack eine zweistündige Glanzleistung. Dass Monolog keinesfalls mit Monotonie gleichzusetzen ist, beweist die vielseitige Schauspielerin hier wieder einmal. Höchst präsent sind dank ihres variantenreichen, ausdrucksstarken Spiels die weiteren Personen des Stücks. „Er“ – gemeint ist Ehemann Joe – ist Feind und Mit- Opfer zugleich. Freundin Jane, die „glaubt Feministin zu sein“, gibt den Anstoß für Veränderung in Shirleys – seit 20 Jahren verheiratete Bradshaw – Leben. Eine Reise mit Jane nach Griechenland? Unmöglich – wer soll Joe donnerstags das obligatorische Hackfleischgericht kochen? Und doch – Shirley reflektiert, beginnt zu zweifeln, verwandelt sich auf der Bühne zurück in das junge Mädchen, das sie einst war. Shirley Valentine. Nicht körperlich – Willy Russells Kultkomödie handelt nicht vom zweiten Frühling - sie schürft viel tiefer.

Und während Shirley erst mit der Wand, später mit einem Stein redet, erkennt sie, dass es nicht um Schuldfrage geht. „Die Ehe ist wie der Nahe Osten – es gibt keine Lösung“, sagt sie schon eingangs und singt „Hackfleisch ade“ zur Melodie „Griechischer Wein“. So wie Shirley ihre rosa Plüschpantoffeln erst gegen moderne weißgrüne Slipper, dann gegen glitzernde Badeschlappen tauscht, so schält Zwack den wahren Charakter der frustrierten, von Selbstzweifeln geplagten Hausfrau peu a peu hervor. Ob zynisch- aggressiv über Joes Attitüden oder die spitzen Zungen der Nachbarinnen herziehend, ob nachdenklich-reflektorisch vor der eigenen Haustüre kehrend oder temperamentvoll zum Leben erwachend – Zwack wechselt im Turbo zwischen den schillernden Facetten ihrer Shirley hin und her und zieht damit das Publikum mit hinein in die faszinierende Welt des „Erkenne-dich-selbst“. Wer sich dabei nicht ab und an selbst wiederfindet oder gar ertappt fühlt, der ist selber schuld.

Und so lautet die Moral von der Geschicht „Erkenne dich selbst und tue etwas – du allein bist für dein Glück verantwortlich“. Nicht der Ehemann – dem geht es vielleicht genauso wie dir – nicht die (erwachsenen) Kinder, die unterwegs verloren gegangenen Freundinnen oder gar ein Liebhaber. Shirley nimmt den „Klitorisbus“, pfeift auf Freud und Baumwollunterwäsche und findet ihr Glück. Ein vergnüglicher Abend im Seminartheater mit teils deftigen Witzen, die jedoch ebenso nebenbei natürlich wie unverkrampft- komisch daherkommen und somit niemals peinlich wirken. Humorvoll, zum Nachdenken und vielleicht auch Nachahmen – eine echte Empfehlung für das Neuburger Boulevardtheater. Weitere Termine: Freitag, 23. März, Samstag, 24. März, Freitag, 30. März, Samstag, 31. März, jeweils um 20 Uhr im Theater des Studienseminars. Kartenvorverkauf im Bücherturm, Telefon (0 84 31) 64 23 92.

Foto und Text von Dr. Andrea Hammerl

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